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Entscheidung auf mehreren Ebenen

Agiles Portfoliomanagement bedeutet Ermächtigung.

Es gibt nur einen Grund, um Unternehmen in mehreren Ebenen zu organisieren: Dadurch werden die unterschiedlichen Planungshorizonte miteinander verbunden und große strategische Aufgaben in bearbeitbare Häppchen geschnitten und umgesetzt.

Um dieser Strukturierung auch Sinn zu geben, ist Ermächtigung nötig. Verantwortliche auf allen Ebenen sollten ermächtigt werden – auf Basis bisheriger Ergebnisse oder anderer Grundlagen – Entscheidungen zu treffen, um das Unternehmen zu steuern.

Ermächtigung bedeutet in diesem Zusammenhang übrigens, dass nicht jedes Thema, das auf Teamebene bearbeitet wird, auf ein Thema aus der strategischen Planung einzahlen muss. Diese Dezentralisierung ermöglicht eine schnelle und effektive Reaktion auf neue Themen und fördert die Flexibilität und Kreativität nahe am Endkunden. Im Sinne der agilen Prinzipien empfiehlt es sich transparent zu machen, welches Pouvoir die anderen Ebenen haben und an welchen Themen sie arbeiten.

Ermächtigung alleine reicht jedoch nicht aus. Wer zur Entscheidung ermächtigt ist, benötigt immer noch eine Entscheidungsgrundlage. Das impliziert, dass Teams zeitnah Produktinkremente liefern können, auf deren Basis Feedback eingeholt und die Planung angepasst werden kann. Agile Werte und Prinzipien wie frühe und regelmäßige Lieferung, Offenheit und das Arbeiten nach einem Takt ermöglichen es Unternehmen, dieses Verhalten zu institutionalisieren.

Geteilte Entscheidungsbefugnisse machen das Unternehmen schneller

Don Reinertsen geht davon aus, dass ausschließlich unübliche Entscheidungen und solche, die weitreichende Folgen oder überdurchschnittlich hohe Skaleneffekte haben, zentral getroffen werden sollten. Demgegenüber sollten regelmäßig auftretende und zeitkritische Fragen, sowie Entscheidungen, die spezifische oder lokale Informationen oder Technologien benötigen, dezentral getroffen werden. Die detaillierte Ausgestaltung eines Produkts ist ein typisches Beispiel für letzteres.

Veranschaulichen wir das anhand eines Beispiels. Eine Buchhandlung möchte ihren Kunden im Rahmen eines Pilotprojekts einen Sitzbereich zur Verfügung, wo sie heiße und kalte Getränke konsumieren können. Ziel ist, den Kunden ein ansprechenderes Einkaufserlebnis zu bieten und sie zum Verweilen in der Filiale und zum Schmökern einzuladen.

Es muss nicht gleich eine Starbucks-Filiale in der Buchhandlung eröffnen, um den Kunden die Möglichkeit zu geben, Kaffee zu trinken. Wenn es neben der Buchhandlung einen Starbucks gibt, kann es schon reichen, einen Bereich zur Verfügung zu stellen, in dem Kunden ihre mitgebrachten Getränke konsumieren können, dort Sitzmöbel und Mülleimer aufzustellen und ein Schild an die Türe zu hängen, dass man seinen Kaffee jetzt mit in die Buchhandlung nehmen darf. Stellen die Mitarbeiter nach einem Monat fest, dass das Angebot nicht genutzt wird, spart man sich einen langwierigen Filialumbau.

Ergibt sich im Gespräch mit den Kunden, dass statt den angebotenen zwei Teesorten eine etwas breitere Auswahl gewünscht wird, zieht ein Mitarbeiter der Filiale los und erfüllt diesen Kundenwunsch – um zwei Wochen später zu evaluieren, ob das breitere Sortiment Zuspruch findet. Am Ende eines mittleren Zyklus werden die gemachten Erfahrungen zusammengefasst und man kann gemeinsam überlegen, mit welchem Sortiment in der nächsten Filiale gestartet wird, in der das Konzept angeboten wird.

In Organisationen, die Mitarbeitern solche Entscheidungsfreiheiten lassen, entsteht eine raschere Rückkopplung mit dem Markt. Müssten die Mitarbeiter jeden Teebeutel genehmigen lassen, würde die gute Idee der Kaffeeecke wahrscheinlich irgendwann den leisen Tod auf ihrem Weg durch den hierarchischen Instanzenzug sterben. Die Mitarbeiter hätten keinen Anreiz, sich zu engagieren und das Verhalten der Kunden zu beobachten, um Informationen für die schlussendlich strategische Entscheidung zu sammeln, wie die Kaffeeecken in allen Filialen gestaltet und ausgestattet sein sollen. Das Unternehmen würde sich auf diese Weise selbst um einen Vorteil bringen.

Agiles Portfoliomanagement bedeutet also, eine Richtung vorzugeben, aber dann auch die Zügel locker zu lassen. Es verlangt vom Topmanagement, einen offenen Austausch mit allen Entscheidungsebenen zuzulassen und Richtungen auch zu korrigieren, wenn aus der operativen Umsetzung die entsprechenden Signale kommen. Wenn Sie den Mut dazu haben, sollten Sie es probieren!

Dieser Post gehört zur Reihe Agiles Portfoliomanagement. Der erste Post dieser Reihe ist hier -> Agiles Portfoliomanagement

Anmerkung: Dieser Text ist ein Artikel von Sebastian Schneider und Lothar Fischmann, den wir im Jahr 2018 auf unserer Webseite veröffentlicht hatten. Da dieses Thema immer noch sehr gefragt ist, haben wir bei der Umstrukturierung unserer Webseite diesen Artikel auf unserem Blog erneut veröffentlicht.

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