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Veränderung entlang der Adoptionskurve: 5 Gruppen für nachhaltige Veränderung

In Organisationen stehen immer wieder Veränderungen an. An kleine Veränderungen passen wir uns als Menschen in der Regel fast automatisch an. Bei größeren Veränderungen, wie der Einführung einer neuen Arbeitsweise ist das schon etwas komplexer. Hier liefert das Modell der Adoptionskurve eine gute Hilfestellung.

Um sie besser zu verstehen, verwenden wir ein konkretes Beispiel und archetypische Personas: Ein bisschen überspitzt, um die Unterschiede deutlich zu machen. 

Also: Veränderung!

Wo alles beginnt: Die Innovator:innen

Karla ist Innovatorin. Seit sie bei einem Spieleabend zum ersten Mal von „agilen Arbeitsweisen“ gehört hat, ist sie begeistert von der Idee und sucht nach Gelegenheiten, selbst agil zu arbeiten.

Es klang so als könnte das Ganze ein paar Herausforderungen lösen. Also ist sie mit ein paar Mitstreiter:innen, mit denen sie gemeinsam arbeitet, einfach gestartet. Sie, jetzt die Product Ownerin, und das restliche Team sind begeistert von der Arbeitsweise und experimentieren immer weiter, um sich zu verbessern.

Das die Organisation anders tickt, stört zwar manchmal, ist aber im Großen und Ganzen nicht so schlimm. Und ja, da sind auch Fettnäpfchen auf dem Weg: Aber egal – vorwärts geht’s.

Veränderung steckt an.

Karla hat sich mit ihrem Experiment bei Malika bereits einen Namen gemacht.

Da das bei Karla so super klappt, möchte Malika gern, dass ihre ganze Abteilung so arbeitet. Malika geht damit zu Cedric, der sie schon öfter bei Veränderungsfragen unterstützt hat und erzählt ihm, was sie gesehen hat und was ihre Vision für die Abteilung ist.

Für Change Facilitator:innen wie Cedric, sind Innovator:innen wie Karla ein gefundenes Fressen! Ein Team mit ersten Erfahrungen und Bock!

Da Cedric bei einem früheren Veränderungsvorhaben bereits gute Erfahrungen mit Innovator:innen wie Karla gesammelt hat, nimmt er direkt Kontakt mit Karla auf und bespricht mit ihr, wie sie ihr Experiment einer möglichst großen Gruppe an Mitarbeiter:innen transparent machen kann. So erhofft er sich, freiwillige begeisterte Mitarbeiter:innen zu finden, sogenannte „frühe Umsetzer:innen“, die bereit sind eigene Erfahrungen zu sammeln und die „gute Botschaft“ zu verbreiten. Er weiß bereits, dass eine Veränderung nicht einfach „befohlen“ werden kann und dass Verhaltensänderung über Erfahrung passiert.

Cedric, Karla und Malika planen deshalb ein kleines Event. Sie achten darauf, dass Mitarbeiter:innen, die Interesse haben kommen können, sonst ist die Teilnahme aber freiwillig. Während der Veranstaltung hat das Scrum Team, das schon viel experimentiert hat, die Gelegenheit zu berichten, wo ihnen die neue Arbeitsweise bisher geholfen hat.  Natürlich dürfen auch Fragen gestellt werden. Wichtig ist Cedric, dass es eine Chance für Interessierte gibt sich zu melden. Die gibt es direkt und auch im Nachgang bei Malika und ihm.

Bühne frei für (Miss-)Erfolge: Die Frühen Umsetzer:innen

Hans nimmt an diesem Workshop teil und ist fasziniert von Karlas Experimenten. Er denkt sich: “Mensch, so ein Product Backlog könnte mich und mein Team in der Arbeit auch richtig vorwärtsbringen” und sieht die ersten Erfahrungen von Karla als Inspirationsquelle, auf die er gerne aufbaut. Für fachliche Hilfe spannt er stellenweise Cedric ein, oder auch, wenn er nochmal wissen will, wie das jetzt genau mit diesen ‘Pokerkarten’ funktioniert. 

Auf diese Weise breitet sich die agile Kultur im Unternehmen weiter aus.

Gut Ding will Weile haben: Die Frühe Mehrheit

Pierre hingegen ist zögerlicher als die vorherigen Gruppen. Er will einen klaren Nutzen sehen und braucht deutlich mehr als „Ein gelungenes Experiment“, bevor er den neuen Trend mitgeht. Ein einfaches und einmaliges „Lust auf Neues“ machen durch ein Event wie von Cedric und Malika gesponsert, hilft da alleine noch nicht. Für Pierre müssen Cedric und Malika die Vorteile und Erfolge bisheriger Experimente deutlich und wiederholt sichtbar machen. Pierres Bedürfnis ist damit typisch für die Kluft zwischen den frühen Umsetzer:innen und der frühen Mehrheit. 

Nachdem Pierre die Experimente von Hans und seinen Kolleg:innen eine Zeit lang beobachtet hat und ihm der Nutzen der neuen Arbeitsweise klar geworden ist, hat auch er Lust, agil zu arbeiten. Er setzt aber besonders auf den Erfahrungsaustausch mit Karla und anderen bereits agil arbeitenden Teams und will dabei Cedric als Coach zur Seite haben.

Den Austausch mit anderen Teams und seinem Coach findet er so wertvoll, dass er beginnt „Good Practices“ in einem kleinen „Handbuch“ festzuhalten. Sozusagen „agil Arbeiten 0.9“.

Jetzt erst recht: Die Späte Mehrheit

Mike hat dieses ‘neue’ agile Arbeiten schon länger beobachtet. Leute, die morgens erstmal in einer Gruppe Post-its kleben sind ihm eher suspekt. Er hat schon viele Veränderungen im Unternehmen erlebt: “Agiles Arbeiten ist nur die nächste Sau, die durchs Dorf getrieben wird. Und wofür soll ich überhaupt jemanden im Team haben, der sich quasi nur ums Wohlergehen des Teams sorgt und nicht mit anpackt!?”

Cedric kennt die ganzen Sprüche schon und weiß, dass auch wenn sie oft schwierig ist, die Späte Mehrheit für die Organisation einen hohen Wert hat. Sie sorgt bei all den Veränderungen für Stabilität und will sichergehen, dass das Neue auch wirklich für jeden Fall funktioniert. Sie sind also eine Art Türsteher:innen für Veränderungen, oder besser Bewahrer:innen.

Cedric weiß allerdings auch das die Teilnahme an der Veränderung nicht freiwillig passieren wird. Deshalb holt er Malika ins Boot.

Er erklärt ihr, wie das mit der späten Mehrheit so ist und, dass es jetzt von ihr eine Entscheidung braucht, die konsequent durchgesetzt wird. Wird die Abteilung ab jetzt agil arbeiten und anderes ist nicht mehr zulässig oder nicht? Wenn Malika sich für Nein entscheidet, ist nichts mehr zu tun und alles geht Stück für Stück zurück zum alten, denn die späte Mehrheit ist sehr gut im Bewahren. Entscheidet sie sich für ja, dann geht ihre und Cedrics Arbeit jetzt erst so richtig los. Sie werden alles brauchen, was sie bis jetzt gelernt haben. Malika trommelt ihre Abteilung zusammen und bietet eine Plattform, um bisherige Erfolge und auch Irrtümer und die Lösungen dafür auszutauschen. Dabei kündigt sie auch an, dass agiles Arbeiten jetzt für alle gilt und wo es Unterstützung gibt.

Cedric hat gemeinsam mit den vorhergehenden Adoptionsgruppen Trainings entwickelt und das Coaching verfeinert, das kommt jetzt Mike zugute. Es gibt ein Training, er wird gecoacht und für seine Spezialfälle werden Lösungen gefunden. 

Aufgrund des Coachings der Späten Mehrheit durch Cedric und die internen Agilen Coaches und Malikas Konsequenz, schließen sich Mike und seine Kolleg:innen nun auch Stück für Stück der Veränderung an.

Individuelle Lösungen finden: Die Zauder:innen

Dann gibt es da noch René, die sich trotz ihrer jungen Jahre ziemlich gut in die Organisation eingefunden hat. Sie hat das agile Arbeiten der anderen Teams schon kennengelernt und merkt dabei, dass die Luft für sie langsam dünner wird. Ein bisschen fühlt sie sich wie das letzte gallische Dorf, das Widerstand leistet. Sie kommt einfach nicht mit dieser neuen Arbeitsweise klar. Sie widerstrebt ihrem Bedürfnis nach Sicherheit und fixer Planung. Feste Strukturen, klare Hierarchiestufen sind das, was sie schätzt. Klar könnte sie ihre Arbeit auch irgendwie agil gestalten, aber sie weiß ganz genau, dass das nichts für sie ist. 

Malika bleibt ihrer Entscheidung treu und hört immer wieder Cedrics Stimme in ihrem Kopf, dass Konsequenz beim Umsetzen von agilem Arbeiten entscheidend für den Erfolg des Veränderungsprozesses ist. Dennoch will sie Renés Sorgen auf keinen Fall einfach ignorieren, denn „so lange Überzeugungsarbeit leisten, bis René einknickt“, ist definitiv keine Option, denn das schadet René und der Abteilung.

Gemeinsam finden sie heraus, dass eine Insellösung, bei der René ohne agile Arbeitsweisen weiterarbeiten kann, nicht in Frage kommt. Außerdem hat sich die Organisation gerade entschieden, die agilen Arbeitsweisen über Malikas Abteilung hinweg einzusetzen. Damit fällt eine andere Stelle im Unternehmen für René auch raus, weil sie sich dann in ein paar Jahren nur wieder etwas Neues suchen muss. Malika unterstützt René daher bei der Suche nach einer Organisation, in der René glücklich sein kann.

Und jetzt bei dir.

Wir haben gelernt, dass Veränderungen ganz unterschiedlich aufgefasst werden können. Mal mit offenen Armen, mal mit anfänglichen Widerständen und manchmal auch gar nicht. Mit der Adoptionskurve habt ihr ein Hilfsmittel, diese komplexen Transformationsprozesse besser zu verstehen und zu handhaben.

Wir hoffen, die Geschichte gibt euch Impulse für eure eigene Veränderung entlang der Adoptionskurve.

Viel Erfolg dabei, selbst Geschichte zu schreiben.


Eine Geschichte von Daniel Schauperl, Jan Jung, Julia Jonas, Sinh Duc-Dao und Stephanie Lohß

Hier findest du die Geschichte auch als Video

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