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«Agile Skalierung ist der nächste logische Schritt.»

Stefan Waschk AusschnittIm Interview spricht Stefan Waschk, Leiter des Agile Center of Excellence in der Konzern IT der VolkswagenAG, über agile Transformation in der Praxis.

Wann hast du mit Agile im Unternehmen angefangen?

2009 war ich verantwortlicher Manager für ein Großprojekt mit vielen Stakeholdern und komplexen Anforderungen. Wir führten agile Mechanismen ein, weil uns klar wurde, dass die Konzepterstellung ein Flaschenhals im Projekt war und dass trotz erfolgter Abnahmen die aus diesen Konzepten umgesetzten Lösungen unsere Kunden nicht zufrieden stellten. Mein Fokus lag damals zunächst auf der besseren Steuerbarkeit, die agile Projekmanagementmethoden versprachen. Selbstorganisation der Teams stand für mich gar nicht so sehr im Vordergrund. Wie wichtig ein Team mit starkem Commitment ist, erkannte ich erst beim Rollout. Heute ist dieser Aspekt für mich der wichtigste für erfolgreiches agiles Vorgehen.

Was waren damals die ersten Rückmeldungen?

Das erste Release sorgte für eine hohe Zufriedenheit. Die Kunden haben bemerkt, dass sie stärker in die Verantwortung gehen müssen, was letztlich zu einer immensen Steigerung der Qualität führt. Unser gesamtes Umfeld lobt die hohe Verlässlichkeit nach neun Releases, was eine hohe Akzeptanz und Ausbreitung von Agilität im Unternehmen zur Folge hat.

Welche Stolpersteine siehst du für Agile Skalierung und wie hast du sie überwunden?

Die Bereitschaft von Fachbereichen und IT in eine kontinuierliche Zusammenarbeit zu investieren, damit Lernen auf dem Weg zu einer innovativen Lösung möglich ist und sich von der Pseudosicherheit einer «perfekten 100% Planung» zu verabschieden. Das erzeugte Unsicherheit beim Kunden und erforderte ein hohes Maß an Umdenken. Letztlich überzeugten wir aber alle durch die hohe Verlässlichkeit und das Erreichen der vereinbarten Ziele.

Wie hast du Mitstreiter gewinnen können?

Da unser Projekt lief, meldeten sich schnell weitere Agilisten. Mit Interessierten entstand schnell ein großes Netz. Viele probierten das nach und nach aus. Um das zu «legalisieren» schlossen wir uns zusammen – quasi als «Selbsthilfegruppe». (lacht) Überzeugt hat letztlich immer der sichtbare Nutzen.

Ist Agilität ein Hype?
Nein, das ist kein Hype, sondern der nächste logische Schritt in einer verlässlichen Lieferkette zwischen Kunde und IT in der das Thema «Partnerschaft» groß geschrieben wird.

Was hat dich überzeugt, Agilität ins gesamte Unternehmen hineintragen zu wollen?

Zum Einen das Thema «Effizienz der Tätigkeiten». Ich möchte die Pseudoverlässlichkeit klassischer Planung überwinden und dazu passt ein agiles Projektmanagement sehr gut. Würde man die hohe Komplexität der Projekte bei Volkswagen und das starke Anwachsen der Anforderungen während der Projektlaufzeit planen wollen, wäre man sehr lange mit dem perfekten Plan beschäftigt. Und der wäre dann vermutlich recht schnell durch die Realität überholt. Zum Anderen bin ich überzeugt von den agilen Prinzipien, da der Fokus auf dem Gestalten individueller Lösungen für den Kunden liegt.

Was mich begeistert ist das Konzentrieren aufs Wesentliche – bei agilem Vorgehen findet Entwicklung immer entlang aktueller Markt- und Kundenanforderungen statt. Volkswagen hat eine enorme Größe und wächst ständig. Dadurch nimmt natürlich auch die Komplexität zu. Um schnell auf Veränderungen reagieren zu können, beweglich und innovativ zu bleiben und mit der steigenden Komplexität umzugehen, braucht es im ganzen Unternehmen flexible und kreative Möglichkeiten, die wir selbst gestalten. Hier hilft die agile Transformation – jeder Einzelne im Team übernimmt Verantwortung, statt nur ein «Rädchen im System» zu sein.

Ist die agile «Fachsprache» nötig oder eher hinderlich?

Jede Fachsprache ist erstmal hinderlich, wenn man neue Teams oder Kunden gewinnen möchte. Aber sie ist auch eine Normierung, mit der man sich schnell mit anderen «Geschulten» austauschen kann. Altes Denken behindert oftmals leane Effekte – eine neue Fachsprache sorgt für bewusstes neues Denken.

Wie sieht dein Idealbild einer agilen Zukunft aus?

Wir sind viel stärker in der Gestalterrolle, jeder Einzelne ist involviert, alle Teams sind «empowered», der Kunde ist fest im Projektteam und das gesamte Management ist Teil des agilen Wertstroms und sorgt für optimale Rahmenbedingungen. Das Motto «Fail Fast» sorgt überall für eine unterstützende Fehlerkultur, die für Innovationen unabdinglich ist.

Was würdest du heute deinem jüngeren Ich, das damals mit Agile angefangen hat, raten?

Trau dich, zu fragen und um Hilfe zu bitten. Hol gleich zu Anfang Experten dazu. Man kann sich das alles erarbeiten, aber es geht wesentlich schneller und besser, wenn man Unterstützung hat. Das Regelwerk ist zwar erstmal einfach, aber die Umsetzung und das Zwischenmenschliche, das muss erstmal erarbeitet und moderiert werden.


«ÜBER 60% DER PROJEKTE, DIE WÖCHENTLICHEN KUNDENKONTAKT HABEN, SIND ERFOLGREICH.»
PM-Studie von oose.

Dieser Text ist aus dem wibas Kundenmagazin.

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