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Forming-Phase im Team: Wie du als Scrum Master helfen kannst

Die Phasen und die dahinterliegenden Bedürfnisse, die ich bereits in meinem vorherigen Artikel erläutert habe, dienen als Grundlage für diesen Artikel, in dem es darum geht, wie du deinem Team in der Forming-Phase konkret helfen kannst. In diesem Zusammenhang lernst du:

  • Welche Bedürfnisse stehen hinter dieser Teamphase?
  • Welche Themen kannst du als Scrum Master gut in das “Forming” einbringen?
  • Woran erkennst du, dass “dein” Team in die nächste Phase übergeht?
Teamphasen nach Tuckman – eine Übersicht

Um zu verstehen, wie du dein Team in der Phase “Forming” unterstützen kannst, ist es wichtig, die Merkmale dieser Phase zu kennen. Die “Forming”-Phase tritt ein, wenn ein neues Team gebildet wird oder sich die Teammitglieder in einem bestehenden Team verändern. Im zweiten Fall kann diese Phase auch nur sehr kurz sein, zum Beispiel während eines Gesprächs. Im ersten Fall durchläuft das Team diese Phase in der Regel deutlicher, kann aber auch schnell in die nächste Phase, das “Storming”, übergehen. In diesem Blog werde ich auf beide Fälle eingehen und ein paar praktische Tipps geben.

Bevor ich darauf eingehe, ist es hilfreich, sich die zentralen Bedürfnisse des Teams in der “Forming”-Phase noch einmal vor Augen zu führen. Es ist wichtig zu beachten, dass dies nicht die einzigen Bedürfnisse sind. Während des “Forming” suchen die Teammitglieder nach Orientierung und Erkundung. Das Wissen der Teammitglieder über einander und den Zweck des Teams sowie über das Produkt ist begrenzt. Als Scrum Master ist es deine Aufgabe, diese Wissenslücken zu schließen und Antworten auf die zentralen Bedürfnisse nach Sicherheit und Zugehörigkeit zu geben.

Forming-Phase: Schließung der Wissenslücke über das Team

Um sich kennenzulernen und mehr über die neuen Teammitglieder zu erfahren, ist es im zwischenmenschlichen Bereich hilfreich, eine gemeinsame Veranstaltung außerhalb des Arbeitsplatzes zu organisieren. Du könntest zum Beispiel ein gemeinsames Abendessen nach der Arbeit in einem Restaurant arrangieren oder ein entspanntes Grillen veranstalten. Auf diese Weise schaffst du Raum für Orientierung im sozialen Gefüge. Außerdem können die Teammitglieder sich in privaten Gesprächen besser kennenlernen und ihrem Bedürfnis nach Zugehörigkeit gerecht werden.

Auch im Büro kannst du gezielt Möglichkeiten schaffen, damit die Teammitglieder ihre Wissenslücken über das Team schließen können. Plane einen offiziellen Start-Workshop oder ein Kennenlern-Treffen ein. Neben anderen Punkten, auf die ich gleich noch eingehen werde, solltest du Zeit und Raum für das berufliche Kennenlernen auf der Agenda haben. Dabei sollten mindestens folgende Fragen beantwortet werden:

  • Name
  • Fähigkeiten
  • Position/Rolle im Team
  • Berufliche Erfahrung
  • Intern oder Extern

Ich empfehle auch, Zeit für Fragen einzuplanen, damit nicht nur jeder seine Vorstellung herunterrattert. Du kannst natürlich auch Vorstellungsspiele nutzen, wenn das für euer Team passend ist. Durch das berufliche Kennenlernen gibst du nicht nur Orientierung, sondern schaffst auch Sicherheit, indem klar wird, wer warum hier ist und welche Fähigkeiten mitgebracht werden. Über Fragen können die Mitglieder herausfinden, wer welches Wissen hat und wie die Teamdynamik ist.

Schließung der Wissenslücke über das Produkt in der Forming-Phase

Auch über das Produkt und die Art der Zusammenarbeit im Team haben die Teammitglieder in der “Forming”-Phase noch wenig Wissen. Als Scrum Master ist es deine Aufgabe, diese Wissenslücken aktiv und frühzeitig anzugehen und zu schließen. Hierfür kannst du anfangs einen Start-Workshop nutzen. Eine mögliche Agenda könnte wie folgt aussehen:

  1. Scrum – ein Überblick
  2. Scrum-Verantwortlichkeiten kennenlernen und zuweisen
  3. Verständnis und Festlegung der Scrum-Events
  4. Vorstellung oder Definition des Produktziels
  5. Aufbau des initialen Produkt-Backlogs

Scrum – ein Überblick

Es empfiehlt sich, einen kurzen Überblick über den Scrum-Ablauf zu geben, um eine gemeinsame Sprache zu gewährleisten. Dadurch gewinnt das Team Sicherheit und Orientierung in der Arbeitsweise. Außerdem verschafft es dir als Scrum Master einen genauen Überblick darüber, wer welches Wissen über Scrum hat und wo Handlungsbedarf besteht.

Scrum-Übersicht

Scrum-Verantwortlichkeiten kennenlernen und zuweisen

Arbeite gemeinsam mit deinem Team heraus, was genau die Scrum-Verantwortlichkeiten umfassen. Orientiere dich dabei immer am aktuellen Scrum-Guide! Dadurch wird klar, wer welche Aufgaben hat: der Product Owner, der Scrum Master und die Entwickler. Es ist auch wichtig, herauszuarbeiten, wo sich die Tätigkeiten der einzelnen Verantwortlichkeiten überschneiden. Ergänze gegebenenfalls auch Aufgaben aus eurem spezifischen Produktumfeld.

In diesem Zuge empfehle ich auch, festzulegen, wer welche Verantwortung übernimmt.

Verständnis und Festlegung der Scrum-Events

Im Anschluss sollten die Teammitglieder die Scrum-Events im Detail kennenlernen. Dabei lohnt es sich, den Fokus auf folgende Punkte zu legen und sie gleichzeitig auf das eigene Produkt und Umfeld anzuwenden:

  • Zweck des Events
  • Teilnehmer des Events
  • Zeitpunkt und Häufigkeit des Events
  • Verantwortlichkeit für die Durchführung des Events
  • Bearbeitungsschritte während des Events
  • Erwartetes Ergebnis nach dem Event

Auf diese Weise schließen die Teammitglieder nach und nach ihre Wissenslücken bezüglich der Vorgehensweise. Die nächsten Punkte dienen primär dazu, die Wissenslücke über das Produkt zu schließen. Beide Aspekte tragen zur Sicherheit und Zugehörigkeit zum Team und zum Produkt bei.

Vorstellung oder Definition des Produktziels

Ein Scrum Team hat immer ein Produkt Ziel

Gibt es bereits ein formuliertes Produktziel? In diesem Fall sollte der Product Owner dieses Ziel vorstellen. Falls kein Ziel vorhanden ist, kann es gemeinsam erarbeitet werden. Meiner Erfahrung nach lohnt es sich selbst bei einem bereits formulierten Produktziel, dieses gemeinsam mit dem Team noch einmal zu überprüfen und zu schärfen. Dadurch können die Teammitglieder das Ziel testen und mehr Sicherheit gewinnen sowie ein stärkeres Zugehörigkeitsgefühl entwickeln.

Falls ihr ein Produktziel erarbeiten möchtet, findet ihr in diesem Blogbeitrag viele gute Tipps und Ideen.

Aufbau des initialen Product-Backlogs

Falls noch genügend Energie vorhanden ist oder bei einem weiteren Termin, könnt ihr gemeinsam das initiale Product Backlog erstellen. Sammelt Anforderungen, die sich aus dem Produktziel ergeben, und versucht, sie schrittweise zu konkretisieren. An dieser Stelle empfehle ich, Story Mapping als Tool zu nutzen. Wenn du mehr darüber erfahren möchtest, schau dir die Methode von Jeff Patton an.

Durch den Aufbau des Product Backlogs entsteht ebenfalls Sicherheit und Zugehörigkeit zum Produkt und zum Team.

Fazit zur Forming-Phase

Ich finde die “Forming”-Phase im Team ziemlich entspannt. Allerdings habe ich immer wieder festgestellt, dass die beiden folgenden Phasen, Storming und Norming, viel schwieriger werden können, wenn nicht ausreichend auf die Bedürfnisse des Teams eingegangen wird. Daher mein Tipp: Nimm dir genügend Zeit für einen guten Start.

Wie gehen wir mit späteren Teamzugängen um?

Wenn sich das Team durch den Zugang oder auch den Abgang von Mitgliedern verändert, kann es wieder in diese Phase zurückfallen – in unterschiedlichem Ausmaß. Daher lohnt es sich, bei solchen Ereignissen eine Teamevent zu planen, wie zum Beispiel ein gemeinsames Essen nach Feierabend. Bei Abgängen könnt ihr dies anschließend in die Sprint-Retrospektive einbeziehen. Bei Neuzugängen solltest du die oben genannten Themen auf alle Teammitglieder aufteilen und der neuen Person erklären oder zeigen lassen. Wenn jeder einbezogen wird, können sich alle schnell besser kennenlernen.

Hast du andere Erfahrungen oder weitere Tipps? Dann hinterlasse gerne einen Kommentar.

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