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Design Thinking und Agilität – Wie passt das zusammen?

„Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.“
– Friedrich Wilhelm Nietzsche, 1923 –

Auch wenn dieses Zitat mittlerweile schon ein bisschen in die Jahre gekommen ist, hat es dadurch keineswegs an Bedeutung eingebüßt. Denn Innovation und Kreativität haben in unserer Gesellschaft einen größeren Wert denn je. Es mag sein, dass das Ziel heute nicht immer ist den philosophisch bildlichen tanzenden Stern zu erschaffen, dafür aber z.B. neue Interfaces und Produkte. Eine Herausforderung im kreativen Schöpfungsprozess der heutigen Zeit ist, dass man so nah am Kunden entwickeln muss wie noch nie zuvor und sich schnell auf veränderte Bedürfnisse des Markts anpassen muss.

Um diese Wertschöpfung zu gewährleisten, hat in den letzten Jahren eine Methode besonders die Aufmerksamkeit der Wirtschaft erlangt: Design Thinking. Dieser Ansatz zeichnet sich dadurch aus, dass er durch das multiperspektivische Adressieren von Problemen zur Entwicklung neuer Ideen beitragen soll. Weiter kennzeichnet diese Methode der Grundsatz Lösungen zu finden, die aus Anwendersicht überzeugend sind. Design Thinking wird häufig in Sprintform angewandt. Hierbei sprechen wir von einem isolierten Setting, das sich über typischerweise 3 bis 5 Tage erstreckt. In einem solchen Sprint durchläuft ein interdisziplinäres Team aus Experten einen festgelegten Rahmenprozess, der sich in der Regel in folgende Phasen gliedert und in untenstehender Grafik illustriert ist.

Das Team versucht zu Beginn ein Grundverständnis für das zu adressierende Problem zu entwickeln, anschließend Adressaten der Fragestellung im Feld zu befragen oder zu beobachten, um dann diese Erkenntnisse zusammenzutragen und zu filtern. Nach dieser Phase beginnt die Ideation oder auch Entwicklung von Ideen genannt. Aus diesen Ideen werden Prototypen generiert, die gegen Ende des Sprints dem Nutzer vorgestellt und von diesem getestet werden. Eine detailliertere Erklärung und Definition für alle Interessierten finden Sie hier nachzulesen oder hier in Videoform.


Nun mag der Begriff und die Bedeutung dahinter zwar den meisten klar sein, jedoch ist es vielen ein Rätsel, in welcher Verbindung dieses Framework mit Agilität steht? Und noch viel wichtiger: Wo sollte man es verorten?

Diese Fragen wollen wir heute im Rahmen des Blogs etwas genauer unter die Lupe nehmen.

Die Verbindung von Design Thinking und Agilität

Ein Grund warum Design Thinking trotz dieses simplen Prozesses so erfolgreich ist, sind allen voran die Grundprinzipien, die dahinterstehen, auch genannt agiles Manifest ergänzend zu seiner Konstruktion nach den Maßstäben von New Wok. Dieses stützt sich auf vier Grundprinzipien, die eine Orientierung bei der Gewichtung und Fokussierung von Energie in der Arbeit geben sollen.

 

Individuen und Interaktionen mehr als Prozesse und Werkzeuge

Im Design Thinking steht die Interaktion der Teilnehmer in Übungen oder auch beim gemeinsamen Verstehen ganz oben an. Sekundär sind hier die angewandten Methoden und entscheidend ist ein guter Moderator, der es versteht die Teilnehmer „zusammen“ zu bringen.

Funktionierende(s) Software (Produkt) mehr als umfassende Dokumentation

Weiter ist das Ziel eines Sprints immer ein Produktinkrement, das gezeigt werden kann und keine umfassende Dokumentation, die dann als Managementreport dienen soll. Was zählt ist das präsentierbare Ergebnis.

Zusammenarbeit mit dem Kunden mehr als Vertragsverhandlung

Zu jedem Punkt im Sprint hat der Teilnehmer die Kundenperspektive im Blick. Diese hat oberste Priorität und ist auch deshalb unmittelbar nach dem Problemverständnis eingeordnet.

Reagieren auf Veränderung mehr als das Befolgen eines Plans

Jede Phase eines Design Thinking Sprints bietet die Möglichkeit eine Iterationsphase zu integrieren. Sobald sich das Verständnis der Perspektive ändert oder negatives Feedback daraufhinweist, dass die Laufrichtung falsch ist, kann auf diese Veränderung reagiert werden. Das stellt einen zentralen Bestandteil der Adaptivität des Design Thinking Sprints dar.

Aufgrund dieser stark iterativen und ergebnisorientierten Arbeitsweise, die Agilität so stark prägt, kann Design Thinking erst die Ergebnisse erreichen, die es erzielt. Eine detaillierte Beschreibung zu den Grundwerten und Motivatoren des „agilen Manifests“ können Sie hier nachlesen.

Wo ist Design Thinking zu verorten?

Wann Design Thinking besonders effektiv im Rahmen von Projekten eingesetzt werden kann, zeigt uns die Stacey-Matrix sehr anschaulich. Wie schon von Nietzsche angedeutet ist der untenstehend illustrierte Bereich am Übergang zum Chaos die Heimat der Kreativität und damit auch das Revier von Design Thinking. Da Design Thinking sehr wenig Vorgaben braucht, um mit einem ersten Sprint lauffähig zu sein, kann die Methode genau in so nahezu chaotischen und undefinierten Projekten eine ideale erste Klärung bieten. Auf Basis der Skalierung heißt das, dass die Methode weder eine Übereinstimmung noch ein großes Maß an Sicherheit benötigt. Beispiele sind der Erschluss eines neuen Produktfeldes, Zugzwang zum Andersdecken in bestehenden Strukturen des Unternehmens oder Start-ups.

Während sich zum Beispiel Scrum eher im Bereich der komplexen Unsicherheit bewegt bietet Design Thinking durch seine hoch adaptierbare Struktur eine Möglichkeit im komplett Ungewissen Wertschöpfung zu betreiben. Diese Methode kann demnach eine wertvolle Frameworkergänzung für agiles Arbeiten darstellen, da sie Fortschritt auf Ebenen eines Problems bieten kann für das noch keine Präzisierung auf Taskebene möglich ist.

Allerdings gibt es auch noch eine zweite Dimension auf der sich Design Thinking von anderen agilen Methoden wie Scrum oder Kanban stark unterscheidet.

Problemfindung vs. Problemlösung

Im Gegensatz zu den meisten agilen Frameworks zeichnet sich Design Thinking durch stark begrenzte zeitliche Dimensionierung aus. Das meint, dass es zwar innerhalb des Design Thinking Prozesses Iterationsphasen gibt, die auch unbedingt thematisiert werden sollten, der gesamte Sprint sollte aber nicht ziellos oft wiederholt werden. Dahingehend verfolgt Design Thinking eher einen problemfindenden Ansatz. Dieser problemfindende Ansatz begründet sich vor allem dadurch, dass die konstante Kundenorientierung bei der Durchführung eines Sprints immer wieder eine Veränderung des Scopes beim Teilnehmer bewirkt. Dadurch kann dieser nach und nach das Problem immer besser eingrenzen und präzisieren.

Entgegen dazu zeichnen sich agile Big Player, wie Scrum durch eine stetige Iteration aus und verfolgen eher einen andauernden Kulturwandel im Kontext der Arbeit, der zu einer problemlösenden Kultur führen soll.

Es wird also deutlich, dass es durchaus Momente und Situationen gibt, in denen sich Design Thinking besser eignen kann als andere agile Methoden, da die konstante Änderung des Blickwinkels schnellere Adaptierung auf veränderte Bedingungen oder Kundenbedürfnisse ermöglicht als es durch die Stellschraube eines Sprintwechsels im Scrum möglich wäre. Wirklich zielführend ist aber nur ein Zusammenspiel und eine holistische Betrachtung auf das Projekt oder die gestellte Problemsetzung.

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